Am Montag informierten sich 27 interessierte Fichtenberger bei der Auftaktveranstaltung in der Kelter im Öhringer Teilort Verrenberg.
RICHARD FÄRBER :
Fichtenberg / Verrenberg. Umgedacht wird an der Basis, im direkten Miteinander: Beim LEADER-Projekt „Lebensqualität durch Nähe“ geht es um nichts weniger als einen Bewusstseinswandel, eine geförderte Graswurzelrevolution, die verkehrt eingeschliffene Verhaltens- und Denkweisen vom Kopf auf die Füße stellen und gewachsene kommunale Strukturen nachhaltig sichern und wo möglich ausbauen und zukunftsfähig machen soll.
Destrultive Argumente kosten "einen Liter"
Karl Sieghartsleitner, mutterwitziger ehemaliger Landwirt, Vertreter, Unternehmer, Bürgermeister a.D. von Steinbach an der Steyer im Nationalpark Kalkalpen Region in Österreich, erklärter Großmarkt-Hasser und „gelerntes Arbeitstier“ weiß, wie’s geht. Er hat griffige Beispiele parat und kann Gedanken und Ideen schön pointieren.
Vor allem aber weiß er, wie Menschen ticken und wie man sie von ihren Ticks befreit. Beispielsweise indem man sich im Gemeinderat darauf einigt, gute Ideen auf ihre Machbarkeit hin zu diskutieren. Vor- her, so Sieghartsleitner, sei immer nur nach Hinderungsggründen gesucht worden. Heute kostet solch destruktives Argumentieren im Steinbacher Rat „einen Liter“.
Loben muss man, sagt Sieghartsleitner, loben und feiern, jeden noch so kleinen Schritt. Den Weg zur Vision in kleinen Schritten zu gehen, sei übrigens überaus wichtig, dann gebe es nämlich auch viele Gründe zum Feiern – ein anderes Wort für Anerkennung und Belohnung. Dabei dürfe man nie die Ideengeber vergessen: Die Sehnsucht nach Anerkennung zu erfüllen, sei ein wichtiger Treibstoff.
Karl Sieghartsleitner ist die Galionsfigur des LEADER-Projektes „Lebensqualität durch Nähe“, kurz LQN, an dem über 35 Gemeinden aus sieben LEADER-Regionen in Baden-Württemberg und Österreich beteiligt sind. Im Aktionsgebiet „Limesregion“ sind es sechs Teilorte der Großen Kreisstadt Öhringen so- wie die Gemeinde Fichtenberg.
Das LQN-Konzept wurde im Oktober 2008 von der „Studiengesellschaft für Erneuerung der Strukturen SPES Zukunftsmodelle e.V.“ erstmals im Fichtenberger Gemeinderat vorgestellt. Die Grundidee stammt aus Österreich, wo bereits eine SPES-Akademie wirkt, erste baden-württembergische Projekte wurden mit begeisterter Unterstützung von Landwirtschaftsminister Peter Hauk bereits durchgeführt.
Für die Fichtenberger, die am Montag einen Bus mit 27 Personen füllten, darunter Privatpersonen, Gemeinderäte, Verwaltungsmitar- beiter und Vertreter von Vereinen, und zur Verrenberger Kelter fuhren, ist die Ausgangsidee im Prinzip nichts Neues – sie ist seit Jahren Thema in der „Zukunftswerkstatt“. Gesucht wird nach Antworten auf die demographische Entwicklung, die vor allem im ländlichen Raum spürbar wird.
Danach geht’s abwärts: Wo der Nachwuchs fehlt, fehlen bald auch Angebote wie Kindergarten und Schule und schließlich die jungen Familien; wo der Einzelhandel aufgibt, fließt Geld ab, das vor Ort ge- braucht würde – und damit setzt dann auch der Werteverfall bei Häusern und Grundstücken ein.
Aktivierende Einsicht: Alle ziehen an einem Strang
Diese und andere Regelkreise sind ein Kernelement im Vortrag von Ingrid Engelhart, der geschäftsführenden Vorsitzenden vom Verein SPES Zukunftsmodelle. Ihre fatale Logik birgt aber bereits das Gegenmittel in sich: Kein vernünftiger Mensch kann eine solche Entwicklung wollen. Diese Einsicht soll aktivieren: Bürgerinnen und Bürgern, Gewerbetreibenden, Vereinen, Versorgern, Dienstleistern soll bewusst werden, dass sie an einem Strang ziehen. Das ist der Anfang.
Nun geht es daran, konkrete Projekte auszuarbeiten. Drei erfolgreiche Beispiele wurden am Montag in verschiedenen Foren vorgestellt.
Die SPES wird Umsetzungshilfen gewähren, die Beteiligten in Workshops schulen und die Projekte noch über den Zeitraum von zwei Jahren begleiten. „Dann“, so Engelhart, „geht’s selbständig weiter.“
Quelle: Neue Kreisrundschau Gaildorf (www.rundschau-gaildorf.de)
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